Warum ein Singlespeed-Bike?

Fuji-Feather, Singlespeed-Bike, vor der Elbphilharmonie

Wenn ich in meinem Alter ein Fahrrad kaufe, dann geht man heute fast automatisch davon aus, dass es wohl ein Pedelec oder ein eBike sein wird. Der Verzicht auf jeglichem Komfort entspricht weder meinem Jahrgang, noch der Tatsache, dass ich viel zu gerne weit hinaus fahre. Geschwindigkeit ist ein Vorteil, aber kein Argument. Leichtigkeit ist nicht zu verachten, Stabilität aber vonnöten. Ich ging nie besonders pfleglich mit meinen Rädern um. Ich bin etwas unbegabt mechanischen Dingen gegenüber. Ich neige dazu Reparaturen aufzuschieben.

Eine Gangschaltung barg immer Problem. Je nach Jahreszeit war sie mal stabiler, mal knacksiger, mal launischer, mal angenehmer oder einfach nicht zu gebrauchen. Der Alltag zeigte, dass ich sie kaum so nutze, wie ich sie nutzen sollte. Zwei Gänge in der Hauptsache, der Rest blieb unbeachtete. Das tat weder mir noch der Schaltung gut. Vor einer Ampel vergass ich runter zu schalten, beim Losfahren stieg ich aufrecht in die Eisen. Ich fuhr agressiv, scharfkantig, unentspannt, immer in Rücksichtnahme auf die Eigenarten meines Rades.

Gangschaltungen haben ihren Sinn. Auch ich weiß sie zu schätzen, wenn es stark bergauf geht, wenn das Erklimmen eines Gipfels nur eine Kopfsache ist. Aber im reinen Stadtverkehr behinderte mich die Schaltung stärker als das sie mir nützte. Es gab nichts, das ein solche Vielfalt an Gängen rechtfertigte. Der Anspruch an ein Stadtrad war erstmal ein anderer. Es musste schnell sein, wendig, einen kurzen Lenker haben, gleichzeitig sollte es leicht sein, damit es Treppen rauf und runter getragen werden konnte und es durfte in Bahnen nicht stören, sondern eher schmal am Rand liegen. Satteltaschen, so praktisch sie auf einer großen Reise sind, brauchte es nicht tragen, im Gegenteil, ein Rucksack musste ausreichen.

Auf eine Gangschaltung zu verzichten fiel mir also leicht. Licht konnte ich nach Wahl anbringen, das machte ich bei fast allen Rädern so. Einen Dynamo nutzte ich seit vielen Jahren nicht mehr, denn alles, was den Lauf bremsen konnte, störte nur. Schutzbleche waren schon immer verzichtbar, auch wenn es im Herbst und Winter zu einer erheblichen Verminderung des Komforts führte. Musste ich doch ständig an Wechselkleidung denken. Eine Zeitlang liebäugelte ich mit Fixies, die auf viel weniger reduziert sind, und keinen Freilauf, sondern eine fixierte Nabe haben, so das es praktisch möglich ist rückwärts zu fahren, aber auch daher keine hintere Bremse benötigen. Das Rad wird eben einfach blockiert. Fixies entsprechen in ihrem eleganten Stil, der großen Reduzierung einem Ideal von einem klassischen Rennrad. Und tatsächlich ist ein Fixie nicht mehr als ein Bahnrad, dass auf die Straße gebracht wurde. Das sieht gut, schlank und außerordentlich sportlich aus, aber schmälert auch das Vergnügen der Abfahrten und gönnt dem Fahrer keine Ruhe. Dann lieber kein Fixie.

Das Singlespeed-Fahrrad war also eine Wahl aus Bequemlichkeit, weil ich mich nicht mehr mit der Schaltung beschäftigen wollte, und eine Faszination für das reine, geradlinige Design eines klassischen Rennrades. Grundsätzlich habe ich die Wahl nie bereut, auch wenn der aktuelle Fixiemarkt diese Räder unter modischen Aspekten mit recht fragwürdigen Qualitätsansprüchen auf den Markt wirft. Singlespeed-Räder können sehr günstig sein, und vom Ursprung handelt es sich ja um gebrauchte, umgebaute Rennräder, jedoch sieht es heute anders aus. Sie kommen aus weltweiten Produktionen mit einfachsten Ausstattungen in den Handel, und man tut gut daran, sie sukzessiv, im Laufe ihres Lebens aufzuwerten. Denn oft sind die Teile nicht für große Strecken geschaffen. Ich fahre mit meinen Rädern über 10.000 km im Jahr, und da ich handwerklich eher unbegabt bin, freut sich mein Fahrradhändler über die Upgrades und Investitionen, die er immer mal wieder machen darf. Kaufe ich ein günstiges Fahrrad, so ist oft nach einem bis zwei Jahren nur noch der Rahmen ein Original. Der Rest der Geschichte, Pedale und Laufräder wurden und werden in diesen Perioden gewechselt.

Trotzdem, das ist eine lange Liebesgeschichte und sie ist noch nicht vorbei.

Fuji-Feather, Fujibikes, auf den Landungsbrücken in Hamburg vor der Elbphilharmonie

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