Ich denke seit zwei Tagen über den Begriff „Kampfradler“ nach. Und ich war überrascht, dass sich Menschen selbst als solche bezeichnen.
Der Begriff schien mir seit vielen Jahren abwertend. Dachte, das sei etwas, was gerne von anderen Verkehrsteilnehmer verwendet wird. In meinem Kopf hatte ich das Bild von einem bulligen Moutainbikefahrer, der sich seinen Weg durch die Fußgängerzone erkämpft, auf den Straßen konsequent bei Rot fährt und zwischen den Lücken durchprescht. Auf sein vermeintliches Recht beharrend, immer im Hinblick darauf, dass es um die Position des Schwächeren geht.
Es ist eng geworden auf den Fahrradwegen. Corona hat das verstärkt. Neue Modelle kamen dazu. Sowohl im Erwerb, wie auch in der Fahrweise. Wer heute noch Schleichwege in der Stadt sucht, wird sie finden, aber die Konflikte sind vorprogrammiert.
So fahre ich mittlerweile defensiver als jemals zuvor. Ich schliesse mich der Masse an, radle hinterher, senke das Tempo, bremse ab, und bin bei weitem nicht der Schnellste. Manchmal am Ende der Schlange.
Es geht einfach nicht mehr, der zugestandene Platz ist zu schmal, die Gefährdung für Ältere und Jüngere zu hoch. Wer mit einem fast lautlosen Singlespeed, ohne Leerlaufgeräusch, von hinten kommt, muss genug Abstand halten, um niemanden in die Situation zu bringen, erschrocken den Lenker rum zu reißen.
Mehr den je verlangt die bestehende Situation, Rücksichtnahme, Vorsicht und alles andere als Kampfradler. Schnell geht nur noch außerhalb der Stadt.
Du sprichst mir aus der Seele.
Ist eine verrückte Situatio: Je mehr Erfolg das Fahrrad hat, umso schwieriger wird es. Ich denke, es wäre an der Zeit von den Niederlande zu lernen.